Ein kleines Stück Jakobsweg – mit dem Rad von Würzburg nach Ochsenfurt
 

Würzburg ist immer wieder eine Reise wert – und so haben wir im letzten Herbst einige Tage in und um Würzburg verbracht.  

Eine Verkostung des frühen Frankenweins, den wir uns nach unserer Ankunft inmitten einer stets großen Schar „Eingeborener“ und Touristen an der „Alten Mainbrücke“ gönnten, das Restaurant „Alte Mainmühle“ im Rücken, den Blick auf die Festung Marienberg gerichtet, musste trotz aller kulturhistorischen und baulichen Reize Würzburgs sein.

Würzburg, die Alte Mainbrück und die Festung Marienberg

 

Würzburg, der Alte Kran

"Happy Hour" in Würzburg, auf der Alten Mainbrücke, Blick in die Altstadt

Die Lage des Geländes, auf dem sich die Festung Marienberg befindet, war wegen ihrer günstigen, Schutz bietenden Lage bereits um 1000 v. Chr. von Kelten besiedelt. Etwa um 650 n. Chr. wurde Würzburg Herzogsitz der fränkischen Merowinger. Erstmalig im Jahre 704 wurde Würzburg unter dem Namen „Castello Virteburch“ urkundlich als Stadt erwähnt – und so beging Würzburg in 2004 seine 1300-Jahrfeier.

Einige Highlights in der Geschichte Würzburgs sind die Hochzeit von Friedrich I. (genannt Barbarossa, geb. um 1122 und gest. 10. Juni 1190, 1155 bis 1190 Regentschaft als Kaiser des) mit Beatrix von Burgund am 17. Juni 1156 (Beatrix, geb. um 1140 und  gest. 15. November 1184, war seine zweite Ehefrau), Ernennung des Bischofs Herold zum Fürstbischof durch Friedrich I. während des „Reichstags“ in Würzburg im Jahre 1168 und nicht zuletzt die Gründung der Universität zu Würzburg durch Fürstbischof Johann von Egloffstein am 10. Dezember 1402.  

Tiefpunkte in der Geschichte Würzburgs sind zweifellos der Ketzerprozess gegen den Prediger Hans Böhm, der am 19. Juli 1476 zum Tode verurteilt und dann auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde, wie auch die Hexenprozesse, die im 17. Jahrhundert etwa 1.100 Opfer forderten und ihren Höhepunkt im Zeitraum von 1626 bis 1630 erreichte.

An einen der Höhepunkte des Deutschen Bauernkrieges erinnert zwischen der „Alten Mainbrücke“ und der Festung Marienberg ein Bauernkriegsdenkmal. Die von den Aufständigen formulierten „Zwölf Artikel“, datiert vom 20. März 1525, gelten als die erste Niederschrift von Freiheits- und Menschenrechten in Europa. Mit seiner Schrift „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“, die im Mai 1525 erschien, hat sich Luther aus heutiger Sicht zumindest rückwärts gewandt verhalten und den ersten demokratischen Ansätzen in Europa über Jahrhunderte geschadet. Bekannt ist auch Tilman Riemenschneider (Bildhauer und Mitglied des Stadtrates Würzburg, geb. um 1460 und nach Folter verurteilt und hingerichtet am 07. Juli1531), bedeutender Unterstützer der revoltierenden Bürger und Bauern. Diese erlitten beim Versuch, im Mai 1525 die Festung Marienberg zu erstürmen, eine schwere Niederlage. Und so musste Europa noch etwa 250 Jahre warten, bis zuerst 1776 die Menschenrechte mit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und dann in Frankreich ab 1789 im Zuge der Französischen Revolution umgesetzt wurden, trotz aller Rückschläge während der Zeit des „Terreurs“ unter Robespierre (geb.06. Mai 1758, ohne Prozess am 28. Juli 1794 mittels Guillotine hingerichtet).

Am Tag nach unserer Ankunft in Würzburg machten wir uns mit unseren Fahrrädern auf den Weg nach Ochsenfurt, einem etwa 20 km langen Teilstück des „Fränkisch-Schwäbischen Jakobswegs“.

Der Name „Ochsenfurt“ ist abgeleitet von seiner ursprünglichen Bedeutung als Verkehrsweg: hier war der Main so flach, dass die Überquerung mit Hilfe von Zugtieren, damals Ochsen, möglich war. An solch verkehrsgünstigen Lagen entwickelten sich erste größere Ansiedlungen. Übrigens: gleiches gilt für Oxford in England.

Der Radweg – echte Pilger gehen natürlich zu Fuß – kann Liebhabern von Fahrradtouren nur empfohlen werden. Von hier aus hat man herrliche Aussichten auf die Weinberge entlang des Mains. Zudem ist dieser Weg zweispurig ausgebaut und markiert, so lässt es sich ohne Stress radeln.

In Ochsenfurt faszinierte uns die fast gänzlich erhaltene Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert – und beinahe ein Kulturschock – deren Zusammentreffen mit der Modernen: ein ICE (Intercity Express), auf der Bahn-Strecke direkt der Stadtmauer benachbart sowie die drittgrößte Zuckerfabrik Deutschlands, deren dauerhafte Rauchfahne wir während unserer zwei Tage in und um Ochsenfurt zur optischen Orientierung nutzen konnten, glückerweise nicht mit unseren „Riechorganen“. Ochsenfurt wird erstmals um 740 mit Gründung eines Klosters urkundlich erwähnt und um 1290 in Urkunden als „Oppidum“ (Stadt) bezeichnet. Um 1081 trafen hier die Fürsten von Sachsen und Schwaben zusammen und wählten den Grafen von Salm (geb. um 1035, gest. 28. September 1088) zum Gegenkönig zu Heinrich IV aus dem Hause der Salier (geb. 11. November 1050, gest. 07.August 1106), der zu dieser Zeit in Italien weilte. Heinrich der IV. löste den Sachsenkrieg aus, als er seiner Autorität in Sachsen wieder Geltung verschaffen wollte. In seine Regentschaft fiel auch der Investiturstreit (Auseinandersetzung zwischen „weltlicher“ und „geistlicher“ Macht). Heinrich IV. wurde in Folge von Papst Gregor VII.  exkommuniziert, unterwarf sich jedoch diesem 1077 auf der Burg Canossa, wohin Papst Gregor VII. geflüchtet war („Gang nach Canossa“). Dies war übrigens zu dieser Zeit eine der Gefahren der Könige oder Kaiser des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“: sie waren gezwungen,zu reisen, um ihr Reich zusammenzuhalten und eben darin lag dann auch die Gefahr örtlicher Revolten während ihrer Abwesenheiten.  

 

Seit dem 14. Jahrhundert gehört Ochsenfurt zum Fürstbistum Würzburg. Das erlebt Ochsenfurt unter anderem: im Jahre 1525 gewaltfreie Besetzung durch ein Bauernheer, im Jahre 1526 die Reformation, um 1627 die Verfolgung von angeblichen „Hexen“ mit all` den bekannten Gräueln und immer wieder Besetzung durch fremde Truppen, durch Schweden während des 30-jährigen Krieges (1618 bis 1648), durch Franzosen und Preußen während des 7-jährigen Krieges (1756 bis 1763), danach wechselnde politische Zugehörigkeiten.

Sehenswert in Ochsenfurt sind neben der Stadtmauer und historischer Häuser nicht zuletzt auch das Rathaus mit seiner Monduhr, eine der wenigen Monduhren, die es in Deutschland noch gibt. Angezeigt wird hier das Mondalter zwischen Neumond und Vollmond bis wieder zum Neumond. Irritiert hat Fachleute immer wieder die außer-gewöhnliche Einteilung des Ziffernblattes von 1 bis 30 (s.a.www.heli.gmxhome.de/die_monduhr.htm).

 

Am folgenden Tag wanderten wir dann von Ochsenfurt ausgehend durch Weinberge und kleine malerische, am Main gelegene Orte, natürlich mit Einkehr. Ochsenfurt und seine Gegend ist eher etwas für diejenigen, die mal die „Seele baumeln“ lassen wollen, obwohl es auch durch Straßen- oder Bahnverkehr verursacht, unruhige „Ecken“ gibt. Ein Blick auf die Karte, bevor man losläuft oder losradelt, lohnt sich allemal, um keine Enttäuschungen zu erleben. So vorbereitet, laden Weinberge, Dörfer und Weiler ein, die mit ihren Kleinoden etwas für`s Auge sind und mit fränkischen Spezialitäten auch einiges gegen Hunger und Durst zu bieten haben. HerrlicheBlicke auf den Main inklusive.

Ochsenfurt, Rathaus

Statue des kreuztragenden Christus; Ochsenfurt, Blick auf den Klingentorturm

Der Main nahe Ochsenfurt

in den Weinbergen bei Ochsenfurt

Idyllisches Dorf Marktbreit

Blick über den Main auf Marktbreit