Der radelnde Reporter auf geschichtlichenSpuren

 

Teil 1 (von 3), Dresden – Das „Elb-Florenz“

 

Von der Blütezeit August des Starken zum „Blauen Wunder“

 

Dresden, das „Elb-Florenz“.

 

Dresden, insbesondere dessen barockes Zentrum, lässt den Besucher nicht mehr los. Den Anblick des baulichen Ensembles, dem Dresden seinen Zusatz „Elb-Florenz“ verdankt, muss der Besucher von der Augustusbrücke aus kommend gesehen haben. Schloss, Schlosskirche, Semperoper und Zwinger bilden ein städtebauliches Gesamtkunstwerk. Jeder unserer Besuche des Zentrums, egal ob wir zum Beispiel den Zwinger mit seiner umfangreichen Uhrensammlung, das „grüne Gewölbe“ (eine der reichsten Schatzkammern Europas), die Semperoper oder den restaurierten Neumarkt mit der wieder errichteten Frauenkirche besuchten, wir begannen unsere Besichtigungen stets vom rechten Elbufer mit Überquerung der Augustusbrücke, auf der wir dann jeweils eine zeitlang verweilten. Dort sprach uns an unserem ersten Tag ein älterer Dresdner Bürger an, der uns einen kleinen Einblick über das Verhältnis der Dresdner zu ihrer Stadt gab. Kurz gesagt, die Dresdner lieben ihre Stadt! Den unermüdlichen Initiativen der Dresdner Bürger ist es auch zu verdanken, dass Dresden während der DDR-Zeit einige städtebauliche Sünden erspart blieben. Nun, auch der Humor kam in dieser Zeit zu seinem Recht.So erzählte uns eben dieser ältere Herr:  

 

„Wissen Sie eigentlich, dass Sie hier auf der Augustusbrücke stehen und dass diese zu DDR-Zeiten ´Dimitrow-Brücke` hieß? Diese Umbenennung hatte uns überhaupt nicht gefallen, aber was tun? Und so haben wir uns über den neuen Namen lustig gemacht und dabei an August den Starken erinnert. Sie müssen wissen, dass August der Starke (Friedrich August I., geb. 12. Mai 1670, gest. 01. Februar1733) Liebhaber der schönen Künste und ein großer Verführer war. Er soll stets darauf aus gewesen sein, Frauen zu erobern. Es sind auch sehr viele Liebschaften und sogenannte Bastarde – also illegitime Kinder – nachgewiesen. Manche sagen spöttisch, mindestens dreiviertel der Dresdner stammten von ihm ab oder wären zumindest mit ihm verwandt. Was hat das jetzt mit dem Namen der Brücke zu DDR-Zeiten zu tun? Also, wir witzelten, wenn er mit seiner Kutsche eben über diese Brücke fuhr, hätte er seinen Kutscher beim Anblick von Frauen aufgefordert: ´Nimm die mit druff und die mit druff` - und deshalb hieße die Brücke ´Diemitdruff`-Brücke.“

 

Weil ältere Herrschaften häufig auch etwas mehr Zeit haben oder sie sich einfach auch nehmen, hatten wir für diesen Vormittag einen Stadtführer, den wir – das musste dann auch sein – später zum Mittagessen in den Altmarktkeller, ein sächsisch böhmisches Bierhaus, einluden.

 

Barocke Bauwerke und das „italienische Dorf“.

Vorher jedoch führte er uns über die Augustusbrücke und zeigte uns das Ensemble an barocken Bauwerken und das „italienische Dorf“, die Wohn- und Baubuden der italienischen Architekten und Arbeiter, die um 1830 Semperoper, Zwinger, eben all` die barocken Bauwerke errichteten. Eine weitere Station auf den Weg zur Frauenkirche war der ´Fürstenzug`, der in der Augustusstraße zu bewundern ist. Es ist ein gut 100 m langes Porzellanbild, geschaffen aus 23.000 Fliesen aus Meißner Porzellan und zeigt in einem fiktiven Festzug fast alle sächsischen Fürsten (von links bis rechts in der Zeit von 1127 bis 1854), beginnend mit Konrad dem Großen (Regentschaft von 1127 bis 05. Februar 1157) und endend mit Friedrich August II. (Regentschaft von 1836 bis 09. August 1854). Von dort aus gelangten wir zum Neumarkt, von dem aus wir einen hervorragenden Blick auf die wieder errichtete Frauenkirche genießen konnten. Beides Besuchermagnete und entsprechend eng war es denn auch in der Frauenkirche, in die sich alle zu drängen schienen. Unser älterer Reiseführer berichtete dann noch von dem verheerenden Brand Dresdens nach den Bombenangriffen am 13. Februar 1945 und wie er als kleines Kind dieses Inferno von der gegenüber liegenden Elb-Seite, vom höhergelegenen Stadtteil „Weißer Hirsch“ aus sehen konnte. Wie später, nach der Wende, in mühevoller Kleinarbeit, die Steine der Frauenkirche geborgen und nummeriert in riesigen Regalen auf dem Neumarkt gelagert und dann beim Neuaufbau der Frauenkirche so weit möglich wieder verwendet wurden.

Nach dem Mittagessen mit Sächsischem Sauerbraten oder Böhmischem Rindergulasch, begleitet von Krušovicer Schwarzbier und als Nachspeise Böhmische Hefeknödel (gefüllt mit Blaubeeren auf Vanillesoße) war wieder Bewegung angesagt. Wir verabschiedeten uns von unserem Reiseführer und machten uns auf zum Rathaus. Schwer erklommen wir den Rathausturm, um einen Blick über Dresden und die Elbe schweifen zu lassen, hatten wir doch für den nächsten Tageine Raddampfertour auf der Elbe geplant. Der höchste Turm Dresdens bot uns nicht nur einen schönen, weit reichenden Rundumblick über Dresden und seine Umgebung, sondern beeindruckte uns auch mit dem 1996 wieder hergestellten chrom- und messingblitzendem zentralen Uhrwerk der Turmuhr, das vier – in die vier Himmelsrichtungen weisende – Zifferblätter synchron antreibt.

 

Der Name „Dresden“ stammt aus dem Slawischen.

Wieder abgestiegen, betrachteten wir erneut den ´Fürstenzug` und warfen einen Blick in unseren elektronischen Reisführer. Dabei lernten wir, dass der Name „Dresden“ aus dem slawischen „drežga“ (gleich Sumpfwald) stammt und wie so häufig, auch hier die ersten Ansiedlungen durch eine verkehrsgünstige Situation gefördert wurden: hier war die Elbe gut zu überwinden. Bei der frühesten Ansiedlung dürfte es sich um eine Schiffer- und Fischersiedlung gehandelt haben. Das Dresdner Gebiet wurde um 930 durch Heinrich I. (geb. um 876, gest. 02. Juli936, Herzog von Sachsen) in das Staatsgebiet des ostfränkischen Reiches eingegliedert, als er zum König des ostfränkischen Reiches ernannt wurde (Regentschaft von 919 bis 936, 1. „Sachsenkönig“). Ab diesem Zeitpunkt wurden hier Burgen und ostfränkische Kolonialisten angesiedelt, um aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen diesen bequemen Übergang für den Verbindungsweg zwischen Franken und die Oberlausitz zu sichern. Dresden wird in einer Urkunde aus dem Jahre 1206 erstmalig erwähnt und als Stadt erstmals im Jahre 1216 bezeichnet.

 

Teilung Sachsens im Jahre 1485.

Nach der Teilung Sachsens im Jahre 1485 wurde Dresden Residenzstadt. Zu seiner größten Blüte gelangte Dresden unter eben jenem erwähnten August dem Starken (Friedrich August I.), ab 1697 zusätzlich in Personalunion König von Polen und Großfürst von Litauen. Er entwickelte Sachsen und seine Residenzstadt Dresden kulturell und wirtschaftlich. Zum Beispiel fällt in diese Zeit auch die Gründung von Porzellan-Manufakturen (heute noch höchst beliebt: Meißner Porzellan). Er tat sich zudem als begeisterter Sammler hervor und entfaltete eine absolutistische Macht. Aus dieser Zeit stammt auch die Sammlung, die im „Grünen Gewölbe“ gezeigt wird: unbedingt ansehen! Daneben verwickelte er aber Sachsen-Polen auch in den „Großen Nordischen Krieges“, den eine Allianz aus Russland, Dänemark-Norwegen und Sachsen-Polen gegen die damalige Großmacht Schweden führte. In diesem Krieg ging es um die Vorherrschaft im Ostseeraum. Im Ergebnis bedeutet dieser Krieg letztlich das Ende Schwedens als Großmacht und den Aufstieg des Russischen Kaiserreiches.

 

Entlastung des „Blauen Wunders“.

Nach dem Stadtrundgang – ein Tag reicht hierfür ganz und gar nicht aus – unternahmen wir einen längeren Spaziergang am Elbufer entlang bis zum „Blauen Wunder“, die Loschwitzer Brücke, eine aus einer Eisenkonstruktion bestehenden Hängebrücke. Die am 15. Juli 1893 eingeweihte Brücke wird über das Jahr 2030 hinaus mit Sicherheit nicht mehr nutzbar sein. Zur Entlastung dieser Brücke und des Verkehrs wurde die umstrittene „Waldschlößchenbrücke“ errichtet. Weil diese neue Brücke – aus meiner Sicht eine elegante, filigrane und so gut wie garnicht  störende Elbüberquerung – das gewohnte Bild des Dresdner Elbtals angeblich stört, wurde dieser Elbabschnittaus dem Weltkulturerbe der UNESCO gestrichen. Ebenso aus ästhetischen Gründen umstritten war übrigens seinerzeit das „Blaue Wunder“, heute einer der Touristenmagnete.  

Ein weiteres industriell-architektonisches Kleinod ist die Yenidze Tabakfabrik. Diese ist insbesondere dann wunderschön anzusehen, wenn die tiefliegende Sonne durch deren Glaskuppel strahlt. Genau zu diesem Zeitpunkt erreichten wir unser letztes Tagesziel: ein über dem Elbufer gelegener Biergarten.

 

 

Teil 2 (von 3); Sachsen, Schloss Pillnitz und dieFestung Königstein

 

Erinnerung an den Schweizer Jura – Felsburgen fordern Kondition heraus

 

Dresden und seine städtebaulichen Schönheiten zu verlassen, fällt schwer. Andererseits aber auch nicht, laden doch fauchende Raddampfer zu verlockenden Elbtouren nach Schloss Pillnitz und ins Elbsandsteingebirge ein, wo den Besucher neben baulichen, botanischen auch geografische Schönheiten erwarten.

Von unserer Unterkunft machten wir uns auf zum Anlegeplatz der Weißen Flotte am „Blauen Wunder“, der Loschwitzer Brücke. Beim Überqueren dieser Brücke sahen wir schon unseren Raddampfer, die „Pillnitz“ auf Höhe der Elbschlößchenbrücke. „Da brauchen wir uns nicht zu beeilen“, dachten wir noch, merkten dann aber sehr schnell, mit welcher Geschwindigkeit unser Dampfer, elbaufwärts fuhr. So blieb keine Zeit mehr, das „Blaue Wunder“ erneut zu bewundern: Eile war plötzlich angesagt. Eingestiegen, bezahlt, auf dem sonnigen Oberdeck Platz genommen und schon waren die Techniker unter uns verschwunden, um unter Deck die chrom- und messingblitzende, fauchende Dampfmaschine zu bewundern.

 

Das Elbsandsteingebirge fasziniert seit jeher seine Besucher, darunter nicht wenige Maler. Wen wundert`s dass denn auch Künstler als Namensgeber für das Elbsandsteingebirge gelten.

Unser erstes Ziel war das Elbsandsteingebirge mit seinen phantastischen Felsformationen, auf deutscher Seite „Sächsische Schweiz“ genannt.

„Was hat diese Felsformation mit der Schweiz zu tun?“, fragten wir uns. Die Antwort hierauf soll folgende sein: Die beiden Schweizer Maler Adrian Zingg und Anton Graff folgten 1766 dem Ruf der Dresdner Kunstakademie. Dem Vernehmen nach fühlten sich die beiden Künstler bei der Betrachtung der Formationen des Elbsandsteingebirges an den Schweizer Jura erinnert und berichteten in ihren Briefen in die Heimat von der „Sächsischen Schweiz“.

Populär gemacht wurde dann die Bezeichnung „Sächsische Schweiz“ (oder „Böhmische Schweiz“ auf tschechischer Seite) durch den Theologen und Lehrer Wilhelm Leberecht Götzinger (01. September 1758 bis 23. April 1818), der die Umgebung des Ortes Schandau ausgiebig durchwanderte und auf Basis seiner Beobachtungen als Erster die Natur und die Geologie dieser Region ausführlich beschrieb und dabei von der „Sächsischen Schweiz“ sprach.

 

Geschichte wird ja so häufig erst durch Kriege oder dramatische Ereignisse zur Geschichte. Kein Wunder, dass „geschichtliche Spuren“ auch immer wieder auf unruhige Zeiten treffen.

Unser Weg durch die „Sächsische Schweiz“ führte uns auch zur sogenannten „Bastei“. Hier holte uns dann auch die Geschichte ein, die ja so häufig erst durch kriegerische Auseinandersetzungen oder dramatische Ereignisse zur Geschichte wird. Von der „Bastei“ aus hat heute der Wanderer einen herrlichen, weit reichenden  Blick auf die Felsformationen rundherum sowieden Verlauf der Elbe stromaufwärts und – abwärts.  Gegenüber, auf der anderen Seite der Elbe, befindet sich ebenfalls auf einer herausragenden Anhöhe die „Festung Königstein“. Wen wundert’s, dass eben diesen beiden Felsenformationen rechts und links der Elbe im 13. Jahrhundert eine besondere strategische Bedeutung zuteil wurde: hoch oben gelegen auf steilem Fels, kaum zu erklimmen und daher sehr gut zu verteidigen, weitreichender Blick, so boten sie Schutz und Sicherheit. Bei der „Bastei“, die heute dank ihrer bizarren Felsen so fasziniert, handelt es sich um den einzigen noch erhaltenen Teil des ehemaligen Verteidigungsrings einer mittelalterlichen Burg. Diese im Jahre 1289 erstmalig urkundlich erwähnte Felsenburg war – wie unter anderem auch Burg „Hohnstein“ und die „Festung Königstein“ – Bestandteil einer umfangreicheren Grenzsicherungsanlage, die zum Schutz der deutschen Siedler und zur Sicherung der Verkehrswege im 13. Jahrhundert errichtet wurden.  

 

Die Felsenburgen trotzten seinerzeit nicht nur schwer beladenen Rittern und Soldaten, auch heute sind die Wege hinauf zu deren Überbleibsel Herausforderungenan die Kondition des Besuchers.

Im Gegensatz zu den meisten Burgen dieser Grenzsicherung, die ihren Zweck vorwiegend bis zum Mittelalter zu erfüllen hatten, kam der „Festung Königstein“, die zu den größten Bergfestungen Europas zählt, bis in die jüngere Geschichte (1913) hinein militärische Bedeutung zu. Die erste modernere Festungsanlage auf dem Grund einer ehemaligen mittelalterlichen Burganlage erfolgte auf Veranlassung des Kurfürsten Christian I. von Sachsen zwischen 1589 und 1597. Bis ins 19. Jahrhundert hinein folgten weitere Ausbaustufen und Umbauten. Sie galt als uneinnehmbar – und in der Tat, die Festung wurde auch niemals in ihrer Geschichte eingenommen. So waren denn hier auch die sächsischen Archivbestände und Staatsreserven, die in Kriegszeiten dorthin ausgelagert wurden, sicher untergebracht.

Einen Eindruck vom Schwierigkeitsgrad der steilen Felsen auf beiden Seiten der Elbe gestattete uns unser Aufstieg zur „Bastei“ – von Rathen kommend. Hierhin führt nur ein einziger Fußweg, anstrengend auch für den trainierten Ausflügler. Und ein direkter Weg, die Felsen hinauf, dürfte nur für sehr erfahrene, trainierte Bergsteiger eine Option sein. Keine guten Voraussetzungen für feindlich gesinnte „Besucher“.    

 

Nach dem Abstieg, wieder in Rathen angekommen, war Zeit für eine Stärkung, ehe es wieder mit unserem Raddampfer zurück ging. Genauer gesagt, wir fuhren erst mal bis Schloss Pillnitz, unserem zweiten Etappenziel.

 

Schloss Pillnitz zeigt nicht nur den französischen Lebensstil Friedrich August I., sondern auch die Vorliebe der Fürsten und Könige dieser Zeit für ostasiatische Dekoration und Accessoires.

Schloss Pillnitz erlebte seit seiner Errichtung Ende des 16. Jahrhunderts verschiedene Eigentümer, bis es 1706 Herzog Friedrich August I. (August der Starke, geb. 12. Mai 1670, gest. 01. Februar 1733) kaufte und kurz darauf seiner Mätresse, der Gräfin von Cosel (geb. 17. Oktober 1680, gest.31. März 1765) schenkte, um es ihr 1718 wieder abzunehmen, nach dem er sie verstoßen hatte. Ab 1720 ließ August der Starke Schloss Pillnitz im barocken Stil umbauen, mit Wasserpalais im chinesischen Stil, mit dem sogenannten Bergpalais, dem Lustgarten, dem Venustempel, einem großen Festsaal und einer Freitreppe, die zur Elbe hinunterführt. Wasserpalais und Bergpalais sind mit chinesischen, ostasiatischen und orientalischen Elementen ausgestattet, so wie es zu der Zeit Mode war. Von der Faszination für Ostasiatisches zeugen auch einige Geschenke an Friedrich August I. und von ihm erworbene filigrane Accessoires, die heute in Dresden im „Grünen Gewölbe“ zu besichtigen sind,  unter anderem ein Kirschkern mit 185 geschnitzten Gesichtern (zum Betrachten wird eine Lupe benötigt) und eine Installation, die eine prachtvolle Szene am Hofe des Großmoguls Aureng-Zeb (Indien) zeigt.

 

DIE große Attraktion im Schloss Pillnitz ist ohne Zweifel die beinahe 240 Jahre alte und gut 9 Meter hohe Kamelie.

Kaum ein Besucher des Schlosses Pillnitz kommt hierher, ohne von der Kamelie gehört zu haben bzw. ohne sie sehen zu wollen. DieserPublikumsmagnet, eine botanische Rarität, kam als kleine Topfpflanze um 1776 aus Japan über Großbritannien nach Pillnitz und bringt es heute auf stolze 9 Meter Höhe bei etwa 11 Meter Durchmesser. Zu ihrer Blütezeit, von etwa Februar bis April bringt sie es auf schätzungsweise 35.000 Blüten. Einzigartig ist diese Kamelie in Europa in Bezug auf ihren beinahe idealen Wuchs und ihren Zustand; sie ist aber nicht wirklich einzigartig: in Caserta (Italien) und Campobello (Portugal) gibt es „Verwandte“. Alle drei Pflanzen, so haben neuere Untersuchungen ergeben, wurden von derselben Ursprungspflanze über Stecklinge herangezüchtet.

Zurück ging es dann nach einem langen Tag ebenfalls per Raddampfer nach Dresden, das wir in der untergehenden Sonne erreichten, die sich auf der Elbe spiegelte und Dresden einen besonderen Glanz verlieh.

 

 

Teil 3 (von 3); von Dresden nach Meißen

 

Ottonenkönig und eine Wehranlage aus Holz

 

Auf den Spuren des sächsischen „Sonnenkönigs“ (Herzog Friedrich August I., genannt August der Starke) führt der Weg des interessierten Reisenden auch nach Meißen, bekannt als „Porzellan-Stadt“. Von Ferne fällt dem Reisenden Meißens bauliches „Wahrzeichen“ auf: die Albrechtsburg, die als das älteste Schloss Deutschlands gilt.

Von Dresden mit dem Raddampfer, dem Fahrrad oder dem Auto kommend, erreicht der Reisende Meißen unterhalb der Albrechtsburg. Von dort, dem Anlegeplatz oder eben auch dem ausreichend dimensionierten Parkplatz führt ein Fußweg durch den Schlosspark aufwärts zur hoch über Meißen thronenden Albrechtsburg. Für diejenigen, denen der Aufstieg zu Fuß nicht möglich ist, steht unterhalb des Burgberges auch ein Aufzug zur Verfügung (Parkplatz Meisastraße). Gerne hätten wir erneut eine Fahrt mit dem Raddampfer unternommen, der uns auf der Fahrt ins Elbsandsteingebirge so begeistert hat, aber wir befanden uns schon auf der Rückreise und verfügten nicht mehr über soviel Zeit, das Elbtal flussabwärts zu genießen.

 

Die Albrechtsburg wurde im 15. Jahrhundert im spätgotischen Baustil errichtet und gilt als erstes deutsches Schloss, das nicht in erster Linie als Wehranlage diente, sondern als Wohnkomplex.

Auf dem Weg durch den Schlosspark laden Bänke und ruhige Nischen zum Verweilen ein, um den Blick über die Elbe hinweg oder zur Albrechtsburg hinauf schweifen zu lassen. Der weit reichende Blick über die Elbe ließ die Frage aufkommen, ob es hier oben nicht doch eine Wehranlage gab. Unser elektronischer Reiseführer klärte uns dann auf: Im Jahre 929 wurde hieroben tatsächlich eine Wehranlage aus Holz errichtet. Veranlasst wurde dieser Bau durch Herzog Heinrich (geboren um 826, gestorben 02. Juli 936, Sohn des Sachsenherzogs Otto) während seiner Regentschaft als König des ostfränkischen Reiches (Mai 919 bis 936). Bei dieser Recherche wurde uns wieder in Erinnerung gerufen, dass Heinrich I. – auch genannt „Heinrich der Vogler“ oder „Heinrich der Finkler“ – im Jahre 919 durch Wahl zum König des ostfränkischen Reiches berufen wurde und der erste der Ottonenkönige war. Der Schwerpunkt seines Handelns als König Heinrich I. war die Befriedung des ostfränkischen Reiches im Inneren und nach außen sowie die Schaffung einer neuen Nachfolgeregelung. Danach sollte das Reich nicht mehr auf mehrere Söhne aufgeteilt, sondern an einen Sohn vererbt werden. Als Erbe setzte er seinen Sohn Otto ein (geboren 23. November 912, gestorben 07. Mai 973), bekannt als Otto I. oder „Otto der Große“ (König des ostfränkischen Reiches ab Juli 936, König von Italien ab 951 und Römisch-Deutscher Kaiser ab 962). Das Vermächtnis seines Vaters Heinrich I. musste Otto I. jedoch gegen seine Brüder und dem Adel militärisch durchsetzen, weil die neue, ihn begünstigende Nachfolgeregelung von seinen Gegnern nicht anerkannt wurde.

 

Der sächsische „Sonnenkönig“, Herzog Friedrich August I., gründete 1710 die „Königlich-Polnische und Kurfürstlich-Sächsische Porzellan-Manufaktur Meißen“. Die gekreuzten Schwerter aus dem Wappen des Herzogs zieren heute noch als Markenzeichen Meißner Porzellan.

Was war naheliegender für einen die schönen Dinge liebenden Fürsten, der sich zudem sehr für chinesische Assessoirs begeisterte, eine eigene Porzellanmanufaktur zu gründen. Bis dahin war es jedoch ein offensichtlich chaotischer Weg, an dessen Anfang die Behauptung des deutschen Naturforschers und Alchemisten Johann Friedrich Böttger (geboren 04. Februar1682, gestorben 13. März 1719 in Dresden) stand, unedle Metalle in Gold wandeln zu können. Um dies zu beweisen wandelte er 1701 in Berlin während einer öffentlichen Präsentation angeblich Silbermünzen in Goldmünzen um. Als August der Starke davon erfuhr, erlag er der Versuchung, sich auf diesem Weg sein klammes Budget aufstocken zu lassen. Er lockte den jungen Alchemisten nach Dresden und stellte ihm dort ein Labor für dessen Experimente zur Verfügung. Gleichzeitig stellte er den jungen Böttcher unter Aufsicht des Naturforschers Ehrenfried Walther von Tschirnhaus (geboren 10. April 1651, gestorben 11. Oktober 1708). Böttcher blieb natürlich bei dem Versuch, Gold künstlich zu erzeugen, erfolglos. Um 1705 wurden das Labor und die alchemistischen Experimente nach Meißen auf die Albrechtsburg verlagert. Hier arbeiteten Tschirnhaus und Böttcher auch daran, künstlichen Marmor herzustellen. Über diese Versuche näherten sie sich der Produktion von Porzellan an. Erste Erfolge begeisterten August den Starken so sehr, dass er Tschirnhaus zum Direktor der noch zu gründenden Porzellan-Manufaktur ernannte. Erstes, gröberes und dunkleres Porzellan zu erzeugen, gelang noch unter der Leitung von Tschirnhaus. Er erlebte durch seinen frühen Tod im Jahre 1709 nicht mehr die Betriebsaufnahme der Manufaktur und die Herstellung von feinem, weißem Porzellan, das Meißen letztlich als Porzellanstadt bekannt gemacht hat. Dies blieb dann Böttger vorbehalten, der nach dem Tode Tschirnhaus Anfeindungen, Verleumdungen und schließlich einer mehrjährigen Inhaftierung ausgesetzt war. Letztlich wurde Böttger erster Chef der 1710 gegründeten und in der Albrechtsburg eingerichteten Porzellanmanufaktur. Böttger starb bereits im jungen Alter von 37 Jahren, offensichtlich an den Folgen seines Umgangs mit giftigen Substanzen, die er für seine Experimente benötigte.   

 

Porzellan hat bis heute nichts von seiner faszinierenden Wirkung verloren und für Meißen ist es weiterhin auch wirtschaftlich von großer Bedeutung. So soll denn auch die Frauenkirche bis 2016 eine neue Haupt-Orgel, bestehend aus Porzellanpfeifen und Porzellanregister, erhalten.

Auf dem Weg von der Albrechtsburg und dem Dom in Richtung Marktplatz, Frauenkirche, bekamen wir einen kleinen Einblick auf die „Wiederbelebung“ sächsischen Weinanbaus: einer kleinen, eher schon touristischen Zwecken dienenden Neuanlage einer Weinterrasse auf der dem Schlosspark gegenüberliegenden Seite des Burgberges. Wein wurde in Sachsen bereits Anfang des 12. Jahrhunderts angebaut. Um 1603 führte Kurfürst Christian II. württembergische Anbaumethoden ein und ließ die ersten terrassenförmigen Weinberge anlegen. Die seit 1887 grassierende Reblaus, aber auch klimatische Veränderungen und die Umweltverschmutzung führten zu einem massiven Rückgang des sächsischen Weinbaus. Es gab und gibt jedoch immer wieder Versuche, den sächsischen Weinbau neu zu beleben.Vergleichbar problematisch wie es dem sächsischen Wein erging, ergeht es leider auch einem der wichtigen wirtschaftlichen Standbeine Meißens: Umsatzrückgang, Verdacht des Kartellamts auf Preisabsprachen, Vernichtung mehrerer Tonnen angeblich unverkäuflichen Porzellans und Entlassung mehrerer 100 Mitarbeiter bringen Meißens Porzellan-Manufaktur seit 2010 mehr in die Schlagzeilen als die Qualität und Einzigartigkeit ihrer Produkte. Vielleicht fördert geistliche Huldigung mit Hilfe der Porzellanorgel Meißens Vorzeigemarke – zu wünschen ist es ihr und Kunden, wie mir. Aber was geistliche Getränke betrifft: bei Wein bleibe ich doch bei württembergischem Roten, wenn auch erst in zweiter Linie nach französischem oder italienischem.

 

Damit schließe ich meine „sächsische Trilogie“ und wende mich wieder anderen deutschen Regionen zu.